Den 5. Stern zu gewinnen war ein großes Stück Arbeit!
Nach meinem Sturz in Steinach war mir nicht klar, ob ich eine Woche später bei den World Games 2013 überhaupt starten kann. Mein linkes Knie war total lädiert (Bluterguss) und ich konnte auch, wegen meines geprellten Ellenbogen, zwei Tage lang keinen Lenker festhalten.
Zum Glück war ich die Woche davor schon auf der Z-Line unterwegs und musste nicht während des offiziellen Training jede Minute auf dem Bike verbringen. Klar ein paar Abschnitte waren leicht geändert aber nichts Gravierendes. Nur der Ziel-Hang war anders und neu für mich. Es war trotzdem unproblematisch.
Meine größte Sorge war, dass ich wegen meines Knies kaum treten konnte. Die Z-Line ist ursprünglich nicht als Downhill-Strecke konzipiert, eher als flowige und entspannte Abfahrt mit ein paar spielerischen Elementen, um dem durchschnittlichen Biker Spaß zu bieten. Diese Strecke vollgas runter zu prügeln stand bestimmt nicht im Vordergrund der Konzeption. Da liegt das eigentliche Problem! Der Spaß am Fahren verwandelt sich dort, mit der Zunahme der Geschwindigkeit, sehr schnell in eine gefährliche und nervenaufreibenden Rutschpartie. Die Anlieger sind dort teilweise viel zu flach angelegt und bieten zu wenig Halt, um sie mit hohem Speed zu fahren. Die Sturz- und Rutschgefahr war sehr groß und hat bei einigen Favoriten schmerzhafte Fleischwunden verursacht
Für mich war klar, dass ich es ohne meine sonst starken Beine (Knieverletzung) sehr schwer haben würde. Um den nötigen Speed auf dieser Strecke zu bekommen braucht man eine enorme Kondition und natürlich starke Beine.
Meine zweite Sorge war, dass ich meine Rennmaschine in Steinach sehr ramponiert hatte. Dank dem super Support von BIONICON habe ich sie zwar in der Woche quasi komplett repariert aber ein potenter Dämpfer hat am Qualifikationstag noch gefällt.
Einmal mehr hat aber das Material den entscheidenden Punkt gespielt! Mein ALVA 180 war die perfekte Maschine für diese Strecke. Dort habe ich nie das Gefühl gehabt 200mm Federweg zu benötigen. Dank des geringen Gesamtgewichts und dem super Vortrieb habe ich mit meinem Bike eine super Basis, um dieses Rennen zu bestreiten. Die Bereifung war auch super wichtig. Dort braucht man gute rollende Reifen mit super Seitengrip. Mit meinen MAXXIS-Reifen war dies zum Glück gegeben
Bis auf meine Knieschmerzen sind die Trainingsläufe am Donnerstag gut gegangen. Mit Jannik haben wir die Schlüsselstellen analysiert und die Set-ups von unsere Maschinen soweit gehabt. Die Qualifikationsläufe konnten kommen.
Am Freitag sind wir die Sache dann ziemlich entspannt angegangen. Da keiner von uns Fahrern auf dieser Strecke je ein Rennen bestritten hatte, war nicht klar wie die Zeiten aussehen würden.
Kurz vor Janniks Qualifikationsbeginn, sind wir noch einmal in die Gondel gestiegen, um die letzte Trainingsabfahrt zu absolvieren. Ein letztes Mal die Strecke checken war angesagt.
Auf dem Weg nach oben fiel Jannik auf, dass an seinem Fahrradrahmen etwas komisch war. Nach einer genaueren Untersuchung war klar, dass Jannik mit diesem Fahrrad nicht starten würde: Rahmenbruch!
Nach einer kurzen Überlegung entschied ich mich nach Kaprun zu fahren, um Janniks altes Rad zu holen. Stress war angesagt: Hin- und herfahren, das alte Bike einigermaßen fahrtüchtig machen, damit er damit die Qualifikation, die gleich beginnen sollte, fahren konnte!
Mit einer bewundernswerten Ruhe nahm Jannik die prekäre Lage auf und fuhr, nach einem Schraubmarathon, die Qualifikation souverän runter und das mit einer Bombenzeit von 5min25s!
Klar war, dass ich mich in dieser Zeit nicht wie jede anderer Fahrer meiner Klasse entspannten konnte, um mich mental auf meine Qualifikation vorzubereiten. Etwas unkonzentriert und zurückhaltend bin ich dann meinen Lauf angegangen und erzielte dabei trotzdem eine sehr gute Zeit (5m22s).
Schnell einpacken und nach Kaprun, in unser “Basislager” fahren, dies war unsere Priorität! Dort musste ich nochmals an Janniks Fahrrad schrauben und meinen neuen Dämpfer, der inzwischen per Post angekommen war, in mein Fahrrad einbauen. Wieder SCHRAUBEN!!!!!
Am nächsten Tag war klar, dass wir sehr früh auf der Piste stehen müssen. Janniks Fahrrad hatte einen komplett neuen Antrieb, einen neuen Lenker, eine neue Federgabelfeder und eine neue Bremsanlage bekommen und mein Fahrrad einen brandneuen Dämpfer von Magura, den ich nur einmal als Prototyp vor 6 Monaten getestet hatte!
Wir mussten öfter fahren, um uns an die Maschinen zu gewöhnen und die Set-ups zu optimieren.
Das Training verlief, bis auf einen glimpflichen Sturz von Jannik ganz gut. Wir waren recht zufrieden.
Jannik war als erster an der Reihe mit seinem Final-Lauf in der U16-Klasse. Da er der schnellste seiner Kategorie in der Quali war, startete er als Letzter.
Mit einer Zeit von 5min20s distanzierte er seine Konkurrenz um 20 Sekunden! Eine Wahnsinnszeit!
Sein erster Sieg bei den World Games of Mountain Biking
Eine Dreiviertelstunde später, nach seiner Siegerehrung, war er wieder am Start, um in der U19-Klasse zu starten! Da schaffte er die Sensation und erreichte, mit einer nochmals verbesserten Zeit von 5m18s, den 2. Platz und verblüffte das ganze Fahrerlager.
Das Ergebnis von Janniks zweitem Lauf habe ich gar nicht mitbekommen. Ich war schon in der Gondel nach oben unterwegs, um mich für meinen Start fertig zu machen.
Ich war schon in meinem Tunnel und habe mich auf meine Aufgabe fokusiert. Im Startbereich waren schon alle meine Konkurrenten. Die Knieschmerzen waren durch Adrenalin ausgeblendet. Vor meinen Augen stand nur ein Wort. ATTACKE!
15 Minuten vor meinem Start habe ich mein gesamtes Herzkreislaufsystem noch einmal auf Hochtouren getrieben und ein paar Gymnastik Übungen gemacht, um voll einsatzfähig für meinen Lauf zu sein. Dann war Warten angesagt und hinter meine Konkurrenten Anstellen.
Die letzten 30 Sekunden vor dem Start sind für mich immer die Wichtigsten. Die Motocrossbrille muss richtig sitzen und nicht beschlagen, die Füße müssen richtig auf den Pedalen stehen und die Atmung sollte sich vom Aufwärmen beruhigt haben. Dann kann es losgehen!
Der Lauf lief ziemlich gut, ohne Patzer und sehr kontrolliert. Klar hätte ich an ein paar Stellen schneller fahren können, aber es war mir wichtig fehlerfrei und heil unten anzukommen! Mit einer Zeit von 5m15s distanziere ich meine zwei ernsthaften Konkurrenten um 12 und 13 Sekunden! Der 5. WM-Titel war in der Tasche Es war eine große Erleichterung nach den vergangenen stressigen und mit Schmerzen begleiteten Tagen.
Am Ziel war ich einfach glüklich! Der Aufwand hatte sich gelohnt! Noch dazu erfuhr ich gleich, dass Jannik den 2. Platz bei den U19 erzielte hatte. Wahnsinn!
Mit diesen Ergebnissen haben wir, Jannik und ich, gezeigt, dass die mentale Stärke super wichtig ist. Man sollte seine Ziele nie aus den Augen verlieren und sich auf das Wesentliche konzentrieren.
Wir haben eine unglaubliche Saison abgeliefert und möchten dies gerne nächstes Jahr wiederholen und sogar toppen! Der Winter wird hart!